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Elizabeth Holmes, gespielt von Amanda Seyfried ("Mank"), gründet mit 19 Jahren das Unternehmen Theranos und behauptet, eine Technologie entwickelt zu haben, die Krankheiten mit nur einem einzigen Tropfen Blut diagnostizieren kann.

Foto: AP / Beth Dubber

Hollywood/Wien – Elizabeth Holmes war einst die jüngste Selfmade-Milliardärin der USA – dank des Hypes um die Bluttesttechnologie ihrer Firma, die sich als riesiger Schwindel herausstellte. In der achtteiligen Dramaserie "The Dropout", ab 20. April bei Disney+, gibt Amanda Seyfried ein spannendes Rollkragenporträt der verurteilten Betrügerin. Sie gehört zu einem Trend neuer Ikarus-Mythen im TV über Start-up-Gründer mit Messias-Komplexen.

Mehr als ein Jahrzehnt, nachdem David Fincher und Aaron Sorkin sich mit den Ursprüngen von Facebook in "The Social Network" (2010) auseinandergesetzt haben, sind Start-up-Geschichten in Hollywood der letzte Schrei, von "Super Pumped" über Travis Kalanick von Uber bis "WeCrashed" über Adam Neumann von WeWork und jetzt auch "The Dropout" über Elizabeth Holmes von Theranos. Es ist leicht zu verstehen, warum. Eine Zeit lang standen diese Gründer und Gründerinnen irgendwo zwischen Rockstars und Göttern. Alle vergötterten Steve Jobs. Alle haben sie revolutionäre Ideen aus dem Boden gestampft. Alle wollten sie die Welt verbessern. Aber sie alle flogen unverschämt nahe an der Sonne und verbrannten sich. Wenn man alle drei hintereinander anschaut, dann bilden sie so etwas wie eine Trilogie des amerikanischen Schurkentums.

Amanda Seyfried spielt fantastisch

In "The Dropout" sehen wir, wie Elizabeth Holmes, fantastisch gespielt von Amanda Seyfried ("Mank"), im Alter von nur 19 Jahren das Unternehmen Theranos gründet und behauptet, eine Technologie entwickelt zu haben, die Krankheiten mit nur einem einzigen Tropfen Blut diagnostizieren kann. Sie beginnt eine persönliche und geschäftliche Beziehung mit dem fast doppelt so alten Investor Sunny Balwani (Naveen Andrews aus der Serie "Lost"). Sie bricht ihr Studium ab und überredet ihre Eltern, ihr gesamtes Studiengeld in Theranos zu stecken, und treibt Personal (darunter auch der großartige Stephen Fry) für das Labor zusammen, während sie Investoren das Blaue vom Himmel erzählt.

Das Problem ist: ihre Technologie funktioniert nicht. Es funktioniert ein paar Mal gerade gut genug, um Hoffnung zu machen, aber vor allem nicht an dem Tag, an dem sie es einem Pharmakonzern zeigen muss. Holmes fälscht die Ergebnisse. Und von da an zerbricht die gesamte Illusion von Folge zu Folge in immer kleinere Stücke.

Holmes erstaunliche Selbstinszenierung

Bevor der Schwindel im Jahr 2016 aufflog, galt Theranos als "Einhorn". Es war mit 9 Milliarden US-Dollar bewertet. Jetzt wurde Holmes von einem US-Gericht verurteilt. Die Geschichte ist erstaunlich, nicht zuletzt wegen Holmes Selbstinszenierung durch ihren notorisch künstlichen, rauen Bariton, den wir Amanda Seyfried im Spiegel üben sehen, kaum von einem YouTube-Clip der Theranos-Gründerin selbst zu unterscheiden. Sie führte Rupert Murdoch, Henry Kissinger und viele andere hinters Licht. Dabei verglich sich Holmes oft mit Steve Jobs. Sie imitierte den verstorbenen Co-Gründer von Apple sogar in puncto Kleidung: Meist trug sie einen schwarzen Rollkragenpulli.

Showrunnerin Elizabeth Meriwether ("New Girl") schafft es zusammen mit Michael Showalter ("The Big Sick"), der bei der ersten Handvoll Episoden Regie führte, ein sehr publikumswirksames Porträt zu inszenieren. Und während die messianischen Komplexe, die ausufernde Selbstbewunderung und die Kollateralschäden, die ihre Arroganz angerichtet haben, nicht aus dem Ruder gelassen werden, bleibt Raum für Rätsel über diese Frau und die Start-up-Kultur, die all den Schwindel ermöglicht hat. Es ist kaum verwunderlich, dass ein Film bei Apple in Arbeit ist, der auf John Carreyrous Buch "Bad Blood" basiert, mit Jennifer Lawrence als Holmes und Adam McKay im Regiesessel.

Vergleiche von Elizabeth Holmes mit Anna Delvey, einer anderen jungen, blonden Hochstaplerin, die sich ihren Platz in der Gesellschaft erschwindelte und Investoren abgezockt hat, sind nachzuvollziehen. Eine Figur in der Netflix-Serie "Inventing Anna" drückt es so aus: "Hier geht es um den Schwindel des amerikanische Traums im 21. Jahrhundert ... Es geht darum, warum die Kultur des Betrugs bleiben wird." (APA, 15.4.2022)